Gestern 
ging es um Karl Anklam, einen Auricher Bürgermeister vor und nach dem 2. Weltkrieg. Heute möchte ich an seinen Kollegen in Wilhelmshaven erinnern, den die Alliierten 1945 einsetzten, als ihren Ansprechpartner und Verantwortlichen für den unmittelbaren Wiederaufbau. Er hatte dann die Verwaltung der Stadt bis 1955 inne.
Wie kam ich selbst auf ihn? Ich hatte eine Weile zu tun an der Hochschule in Wilhelmshaven. Die Postanschrift ist Friedrich-Paffrath-Straße 101. Schreiben Sie das mal ein paarmal hin, buchstabieren Sie es gelegentlich am Telefon – es nervt erstmal. WER WAR DAS NUR? Irgenwann hab ich im Internet gesucht und fand eine Schrift von ihm, antiquarisch zu kaufen für damals 6 Euro. Neugier, plötzlich war ums Herz, Klick, bestellt. Die Schrift ist lakonisch betitelt „Wilhelmshaven 1945 – 1952“.
Sie beschreibt akribisch, wie Paffrath und die um ihn herum nach 1945 aus einer zerbombten Stadt heraus wieder eine Verwaltung aufbauten und die öffentlichen Belange in Angriff nahmen: Wasser- und Gasversorgung wieder instandsetzen, möglichst früh die Schulen öffnen, Lebensmittel verteilen, Ausgebombte und Geflüchtete versorgen, Arbeit schaffen oder ermöglichen, das alles in tausenden von Gesprächen und Verwaltungsvorgängen mit der Militärverwaltung aushandeln, und und und. Die Stadt Wilhelmshaven fasste sein Andenken im Netz so zusammen:
Friedrich Paffrath 1896 – 1955
…1929 trat Dr. Paffrath das Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Rüstringen an. …Seine besonderen Bemühungen galten deshalb einer nutzvollen Arbeitsbeschaffung, z.B. in Form von Erwerbslosenaktionen, breiten Raum nahm daneben die Herstellung notwendigen Wohnraums ein. In der Wohlfahrtsverwaltung lag ihm an der Unterstützung der wirklich Bedürftigen. Für die Gesamtverwaltung war er auf Sparsamkeit bedacht und konnte mit einer umsichtigen Finanzpolitik die Stadt nahezu unbeschadet durch die Depressionsjahre bringen.
Im Juli 1933 fiel Dr. Paffrath wegen Zugehörigkeit zur SPD der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ zum Opfer und wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt….
Zum 1. Juli 1945 ernannte ihn die Militärregierung wieder zum Oberbürgermeister…. In dieser Funktion hatte er mit Geschick und umfangreicher Sachkenntnis … großen Anteil am Wiederaufbau der im Krieg stark zerstörten Stadt. Mit ungezählten Verhandlungen mit der Militärregierung und deutschen Dienststellen in Land und Bund gelang es Dr. Paffrath, für Wilhelmshaven zivile wirtschaftliche Lebensgrundlagen zu schaffen. Sein besonderes Augenmerk galt daneben den Ausgebombten, Flüchtlingen und Vertriebenen. Im Alter von 58 Jahren erlag er 1955 einem Schlaganfall, die Anstrengungen seines Amtes hatten daran ihren Anteil. Nach Dr. Paffrath ist eine der größten Straßen in Wilhelmshaven benannt.
Etwas ausführlicher steht das hier. Ich fing damals an, seine Schrift zu lesen, und war von Kapitel zu Kapitel mehr bestürzt. Habe mich auch geschämt. Was war ich da naseweis gewesen und null Ahnung… jetzt bin ich dankbar, von ihm erfahren zu haben. Wenn mich jemand nach der Hochschuladresse fragt und Zeit ist, erzähle ich kurz, wer er war.
Erinnern gehört zum Advent. Die Kirchen erinnern vor Weihnachten wenigstens in ihren Liedern an das Leid der jüdischen Gefangenschaft in Babylon. Viel länger her! Aber jede Woche geht so eine Kerze mehr an und es wird wärmer und heller. In zwei Tagen kommt schon der vierte Advent. Ich verspreche zu morgen einen frohen Vor-Weihnachtsblog.
And, wo wir bei Hoffnung sind… Viel Glück mit Ihrer Kalender-Nummer!
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